Diese Order-Art kann Dich vor dem Ruin bewahren

Seit einigen Tagen macht eine junge Frau aus Leverkusen Schlagzeilen, die bei ihrem Online-Broker comdirect eine Aktienorder aufgegeben hatte und sich nun plötzlich mit 344.000 Euro Schulden bei dieser Bank konfrontiert sieht. Dabei hatte die Frau  ursprünglich nur 25.000 Euro auf ihrem Konto gehabt. Dennoch wurde eine Order in Höhe von 600.000 Euro ausgeführt – durch den sofortigen Verkauf der Aktien entstand dann der genannte Verlust, da der Kurs inzwischen gesunken war. Die 27-jährige steht nun vor dem finanziellen Ruin und hat schon zu Spenden aufgerufen…. Viele Laien fragen sich: was ist denn da schief gelaufen?

Ich kenne natürlich die genauen Umstände nicht, kann mir aber gut vorstellen, was die Ursache für dieses Übel ist. Vermutlich hat die Frau eine sogenannte „Market“-Order aufgegeben. Das heißt, dass ein Kauf zum aktuellen Marktpreis ausgeführt wird. Das Problem dabei: wenn – wie in diesem Fall (es ging um die Aktie eines Pharmaherstellers, der gerade die Entwicklung eines neuen Medikamentes bekannt gemacht hatte) ein Aktienkurs rasant steigt, dann riskiert man, dass die Order erst zu einem viel höheren Kurs ausgeführt wird, als man es eigentlich beabsichtigt hatte. Denn nach der Bekanntgabe einer vermeintlich positiven Nachricht kommt es häufig vor, dass zahlreiche Menschen eine Aktie kaufen wollen, was den Kurs natürlich in die Höhe treibt. Wenn es dann noch wie hier, um einen vergleichsweise wenig liquiden Wert geht (GLSI – Greenwich Pharma), dann kann ein Auftrag nicht sofort ausgeführt werden – es sind schlicht nicht genügend auf dem Markt verfügbar, um alle Kaufwünsche der Anleger zu erfüllen.

Bei Greenwich Pharma beispielsweise war das durchschnittlich am Tag gehandelte Volumen Ende vergangenen Jahres fast kaum messbar (2021 betrug es dann bis Anfang April noch zwischen 2.000 und 4.000 Stück). Alleine die Frau aus Leverkusen hatte – aber am 9. Dezember 2020 eine Order über 5.800 Aktien aufgegeben! Am Vortag hatte der Schlusskurs bei 5,20 $ gelegen, um dann am nächsten Tag über 3.000 Prozent (!!) zuzulegen, auf 158 Dollar. Wenn die Frau also eine sogenannte „Market Order“ aufgegeben hat – was sehr wahrscheinlich ist – dann wurde ihr Auftrag irgendwann am 9. Dezember „gefillt“ (ausgeführt), aber nicht zu einem Kurs um die 5 Dollar, sondern – das lässt die von ihr bekanntgemachte Verlustrechnung vermuten – bei etwa 103 Dollar. Das Problem der Anlegerin: innerhalb einer Woche stürzte der Kurs dann wieder auf rund 40 Dollar ab. Und zu diesem Kurs in etwa hat sie vermutlich aus Panik ihre Aktien dann verkauft.

Für mich hat die Frau drei ganz eklatante Fehler gemacht:

1. Sie hat vermutlich eine „Market“-Order aufgegeben. Das sollte man NIEMALS machen! Man sollte stets nur eine „Limit“-Order aufgeben (in der Ordermaske oft als LMT-Order abgekürzt). Man gibt dann einen Limit-Preis in die Ordermaske ein, zu dem maximal gekauft werden soll. In diesem Fall hätte die Anlegerin also beispielsweise eine 5,20$-LMT-Orderaufgeben können. Im Zweifelsfall – wenn der Kurs, wie in ihrem Fall, plötzlich rasant steigt, wird ihre Order nicht ausgeführt, weil der Preis nie auf das Level von 5,20$ „zurückkam“. Aber dann hätte sie sich zumindest ihren Katastrophenkauf per Market-Order und die daraus resultierenden Verluste im wahrsten Sinne des Wortes gespart!

2. Die Anlegerin hatte nach eigenen Angaben 25.000 Euro auf ihrem Konto. Davon hat sie 5.800 Aktien gekauft – offenbar also ihr gesamtes Kapital bei einem einzigen Kauf auf’s Spiel gesetzt. Das ist schlicht unverantwortlich – zumal bei einer so schwankungsanfälligen Branche wie der Pharmaindustrie. In der Regel sollte man niemals mehr als 3-5% seines Kapitals in einen einzigen Wert stecken und entsprechend ausreichend diversifizieren.

3. Meine Vermutung: die Anlegerin ist durch einen Bericht auf irgendeiner Finanzwebseite oder in einem „Börsen-Newsletter“ auf die Greenwich-Aktie aufmerksam geworden („heißer Kauftipp!“) und ist quasi „blind“ einer Empfehlung gefolgt. Auch dies sollte man NIEMALS machen. Man sollte buchstäblich wissen, was man tut. Solche „Börsentipps“ geben gerne Ganoven, die sich bereits billig mit einer Aktie eingedeckt haben und dann durch die Veröffentlichung von „Tipps“ die Nachfrage ankurbeln, um dann zum Höchstkurs selbst auszusteigen und saftige Gewinne einzuheimsen.

Ich selbst habe für mich zur Regel gemacht, niemals Pharmaaktien zu kaufen. Zwar ging mir im Fall von Biontech dabei ein möglicher Gewinn durch die Lappen (ich hatte ein paar Tage vor dem Kursanstieg letztes Jahr ein Interview mit dem Biontech-Gründer online gesehen, der auf mich einen sehr überzeugenden Eindruck gemacht hatte), aber das nehme ich gerne in Kauf und halte meinen Blutdruck unten. Es gibt genügend andere aussichtsreiche Kandidaten. Aus gegebenem Anlass weise ich gerne auch auf meinen Online-„Praxiskurs Aktien und ETFs“ hin.

 

 

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